Aus dem Kurs: Interkulturelle Kommunikation: Kultursensible Gespräche führen

Das Kommunikationsquadrat: die vier Ebenen einer Nachricht

Aus dem Kurs: Interkulturelle Kommunikation: Kultursensible Gespräche führen

Das Kommunikationsquadrat: die vier Ebenen einer Nachricht

Menschen sind Verständigungsexpert:innen. Im Laufe der Evolution haben wir gelernt, selbst Millisekunden lange unwillkürliche Gesichtsausdrücke mit einer enormen Präzision zu lesen. Missverständnisse hier und dort ergeben sich natürlich trotzdem. Und weil Kommunikation sich weltweit beträchtlich voneinander unterscheidet, sind sie im kulturübergreifenden Kontakt sogar besonders wahrscheinlich, denn hier treffen unterschiedliche Sprachroutinen aufeinander, wie etwa der Einsatz von SmallTalk, Ironie oder auch Kraftausdrücken. Auch Mimik, Gestik, Körperabstand oder Blickkontakte sind kulturabhängig. Und diese oft vor bewusst wahrgenommenen kommunikativen Verhaltensweisen sind extrem relevant, denn Menschen, die uns nach unserem subjektiven Empfinden anstarren oder mit dem Blick ausweichen, vertrauen wir nicht. Dem Kommunikationsquadrat von Prof. Schulz von Thun zufolge findet Kommunikation immer auf vier Ebenen statt, die mit den vier Seiten eines Quadrats dargestellt werden. Mit dem Modell unterteilen wir Kommunikation in Sachinhalt, Appell, Beziehungshinweis und Selbstkundgabe. Hier sind noch zwei Punkte wichtig. Erstens, die Botschaften, die auf den vier Seiten gesendet werden, sind lange nicht immer identisch mit den vier Botschaften, die dann auch vom Gegenüber verstanden werden. Zweitens, Menschen haben Lieblingsohren und Lieblingsschnäbel, können also bestimmte Aspekte besonders effektiv senden und wahrnehmen. Solche Kommunikationsvorlieben sind einerseits sehr persönlich und andererseits kulturabhängig. Hier soll es heute um Kultur gehen. Lassen Sie uns das also genauer betrachten. Auf der Sachseite geht es um Zahlen, Daten und Fakten. Über was wird hier informiert? Wer sich hier besonders zu Hause fühlt, hat gelernt, Informationen möglichst präzise, verständlich und differenziert zu vermitteln. Die Kommunikation von Deutschen wird von Nicht-Deutschen häufig als sehr sachlastig wahrgenommen. Wenn immer wir kommunizieren, senden wir auch einen Appell, denn Menschen kommunizieren, um etwas zu bewirken. Was soll mein Gegenüber denken, fühlen, tun oder eben nicht denken, tun, fühlen? Eine offene Bitte oder gar eine Aufforderung zur Verhaltensveränderung auszusprechen, ist in vielen Kulturen aber völlig undenkbar. Ganz besonders an hierarchisch höhergestellte Personen, auch etwa an ältere Menschen. Appelle müssen dann implizit oft auch aus dem Nicht-Gesagten gelesen werden. Kommunikation beinhaltet auch immer eine Selbstkundgabe. Ob wir wollen oder nicht, wir geben ganz automatisch viel über uns Preis. So haben Sie sich sicherlich schon ein relativ klares Bild darüber gemacht, wie ich, Anna Fuchs, bin und wie es mir gerade geht. Natürlich kann die Selbstkundgabe auch verbalisiert werden, etwa wenn ich darüber spreche, wer ich bin, was mir wichtig ist und wie ich mich fühle. In vielen Kulturen sind solche Aussagen allerdings kaum vorstellbar. Oft gilt es als kindisch oder egoistisch, die eigene Person so stark in den Vordergrund zu rücken. In solchen Kulturen wird oftmals auch versucht, die non-verbalen Anteile der Selbstkundgabe zu maskieren, beispielsweise Wut oder Ärger nicht nach außen zu zeigen. Dieses Maskieren wird von Außenstehenden manchmal als falsch, unaufrichtig oder verlogen wahrgenommen. Menschen senden immer auch einen Beziehungshinweis. Genau genommen besteht dieser erstens aus der Du-Botschaft: Du bist nett, klug, gleichwertig, ein bisschen blöd sowie zweitens aus der Wir-Botschaft: Wir stehen so zueinander, dass ich dich kritisieren darf, dass wir miteinander witzeln, dass wir uns nur formal ansprechen usw. Eine starke kulturelle Gewichtung der Beziehungsseite zeigt sich beispielsweise in überschwänglichen Kompliment- oder Dankroutinen: »Tolle Ohrringe, großartige Kinder, wunderbar geleitetes Team«. Manchmal geht sie mit den kommunikativen Manövern her, das eigene Wissen unter den Scheffel zu stellen, um das Gegenüber zu erhöhen. Eine in vielen Kulturen sozial erwünschte Methode. Wenn allerdings beide Parteien unterschiedliche kulturelle Codes erwarten, geschieht es nur allzu schnell, dass zwei Personen dieselbe Situation völlig unterschiedlich erleben und bewerten. In der Praxis höre ich regelmäßig, dass die Expertise von Fachexpert:innen aus genau diesem Grund nicht erkannt wird. Mitarbeitende wissen dann oft ganz genau, wie der Job gemacht werden muss, dass sie ihre Führungskräfte trotzdem um Hilfe bitten oder sich ihr Vorgehen absegnen lassen, ist da nicht als Unsicherheit, sondern als Beziehungsangebot zu verstehen, um höhergestellten Respekt zu zahlen. Weil die Beziehungspflege weltweit einerseits enorm wichtig ist und andererseits sehr unterschiedlich gelebt wird, sollten Sie diesem Aspekt der Kommunikation besonders viel Aufmerksamkeit widmen.

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