Anthem: Das vorläufige Ende eines langen Transformationsprozesses bei Bioware – Kolumne
Anthem ist anders als das, was man von Bioware gewohnt ist. Aber bedeutet das Koop-Action-Abenteuer damit das Ende der klassischen Bioware-Rollenspiele? Ja und nein, sagt Redakteur Lukas Schmid in seiner Kolumne.
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Vor nicht allzu langer Zeit hatte ich das Vergnügen, Anthem mehrere Stunden lang ausführlich ausprobieren zu können. Im Vorfeld fand ich den Titel ganz reizvoll, jedoch lief er eher ein bisschen neben mir her. Insofern war ich nicht wirklich überrascht, aber sehr positiv gestimmt, als ich merkte, wie viel Spaß ich damit hatte. Unkomplizierte Action, eine eingängige Steuerung, gut umgesetztes Koop-Gameplay - das macht schon Laune!
Allerdings, wer es nicht weiß, käme wohl niemals auf die Idee, dass hinter Anthem ein Studio steckt, welches so gar nicht zu der Art von Spiel passt, welches ich soeben beschrieben habe.
Bioware? Die Rollenspiel-Experten schlechthin? Die sind verantwortlich für dieses Koop-Abenteuer, welches wirklich ausschließlich der Eigendefinition nach noch ein Rollenspiel ist? Darauf würde wohl kaum jemand kommen, denn Quelle: Bioware Loot und Erfahrungspunkte alleine machen eben noch kein RPG.
Verwunderlich - zumindest auf den ersten Blick. Dann aber blickt man zurück auf die Geschichte des Studios und merkt irgendwann, dass es doch mehr Hinweise auf diese Entwicklung gibt, als man denken mag.
Am Anfang war das RPG
Denn wirklich, die Zeiten eines Baldur's Gate sind schon lange vorbei. Mitte und Ende der 1990er-Jahre stand der Name Bioware für komplexe Rollenspiele mit komplizierten Kampfsystemen und weitverzweigten Dialogbäumen. Schon bald danach zeigten sich aber erste Veränderungen in der Herangehensweise des Studios an das RPG-Genre. Ein Jade Empire oder ein Star Wars: Knights of the Old Republic trugen noch immer viel der DNA aus der Anfangszeit Biowares in sich, gingen aber schon in eine etwas zugänglichere Richtung, angepasst an eine Zielgruppe, die gerne den Präfix "Action" an ihre Rollenspiele hängt.
Und wann feierte Bioware die größten Erfolge? Als man diese Entwicklung noch weitertrieb. Sowohl unter Spielern als auch unter Kritikern gehören Mass Effekt und (das noch etwas stärker in alten RPG-Tugenden verhaftete) Dragon Age zu den absoluten Höhepunkten im Portfolio des Studios. Die Verkaufszahlen sprachen und sprechen ebenfalls eine deutliche Sprache. Und innerhalb dieser Reihen, bei Dragon Age vielleicht noch mehr als bei Mass Effect, ging diese Entwicklung weg vom klassischen Rollenspiel hin zur deutlich actionlastigeren Spielerfahrung munter weiter, resultierend in den von vielen Fans gescholtenen Dragon Age 2 und Dragon Age: Inquisition und vor allem Mass Effect: Andromeda.
Jetzt kann man natürlich einwerfen, dass unterschiedliche Spiele bei unterschiedlichen Bioware-Studios entstehen, aber dieses Argument will ich nicht unbedingt gelten lassen: Wo Bioware drauf steht, ist auch Bioware drin. Ich sage bei McDonalds ja auch nicht, dass es okay ist, wenn mir Hühnersuppe serviert wird, weil ich in einer anderen Filiale esse als beim letzten Mal.
Rollenspiele mit Teamfaktor
Quelle: Bioware Und auch Multiplayer-Erlebnisse wurden in den beiden prestigeträchtigsten Reihen des Studios, aber auch zuvor schon in Titel wie Neverwinter Nights, zum Standard - mit Fokus auf Koop. Die Beweise verdichten sich. Star Wars: The Old Republic schließlich wagte als erster Titel des Studios komplett den Sprung in die schöne, neue MMO-Welt; wenig überraschend, dass viele Mitarbeiter an Anthem sich zuvor am Krieg in einer weit entfernten Galaxis ausgetobt haben.
Also wie gesagt: Der Weg Biowares hin zu Anthem scheint auf den zweiten Blick nicht so unlogisch. Wenn sich ein Studio weg von Rollenspielen hin zu (Koop-)Action orientiert, scheint es nur schlüssig, den RPG-Anteil irgendwann (fast) komplett fallen zu lassen.
Verdächtiger Nummer 1: Electronic Arts
Aber bedeutet das, dass Bioware-RPGs für immer tot sind? Hat Electronic Arts dem Traditionsstudio durch fiese Vorgaben quasi den Kreativitätshahn zugedreht und erlauben nur noch Spiele, die sich am kleinsten gemeinsamen Nenner orientieren?
Quelle: Electronic Arts Ich denke nicht, will aber nicht abstreiten, dass eine gewisse Gefahr bestand, dass es irgendwann so weit kommt. Publisher sind bekannt dafür, sich gerne durch ungeschickte Marketingentscheidungen in Spieleentwicklungen einzumischen, meist mit äußerst unangenehmen Folgen für die Spieler - und EA ist hier ein größerer Übeltäter als viele andere Unternehmen. Die Folge sind eben zusammengestutzte Spieldesigns, aufgezwungenes Grinding, um Lootboxen zu pushen - siehe Star Wars: Battlefront 2 und Need for Speed: Payback -, völlig sinnlose Download-Inhalte und "Special Editions", Mikrotransaktionen und mehr.
Auch Anthem ist davor nicht gefeilt, kosmetische Bezahlitems wird es auch hier geben. Allerdings, das sind Peanuts im Vergleich zu dem, was Electronic Arts 2017 und 2018 teilweise zu etablieren versuchte und dafür verständlicherweise gleich einen ganzen Blumenstrauß an Shitstorms kassierte. Die Folge war, dass das Unternehmen gehörig zurückruderte - das Versprechen, auf Lootboxen zu verzichten, gehört bei EA-Ankündigungen inzwischen fast schon zum guten Ton.
Verdächtiger Nummer 2: Bioware
Also liegt's doch an Bioware? Haben sie vergessen, warum ihre Fans sie mögen?
Quelle: Electronic Arts Auch hier will ich nicht zustimmen. Ich denke, Mass Effect: Andromeda war der Weckruf, den das Studio benötigte. Denn hier hat man sich im Rahmen einer vielgeliebten Spielereihe zu weit wegbewegt von dem, was sie überhaupt erst so beliebt machte; ganz abgesehen davon, dass man offenbar dachte, mit einer deutlich weniger hochwertigen Entwicklung als sonst davonzukommen, weil man meinte, der Markenname alleine würde schon die Kohle in die Kasse spülen. Nun, der Schuss ging gehörig nach hinten los. Ich bin aber zuversichtlich, dass man diesen schmerzhaften Lernprozess nutzen wird, um bei zukünftigen Spielen den Fokus dessen, was sie ausmachen soll, nicht aus den Augen zu verlieren.
Und was ist eines dieser zukünftigen Spiele? Richtig, Dragon Age 4, oder wie auch immer es schlussendlich heißen wird. Dass irgendwann ein neues Mass Effect erscheinen wird, dürfte auch so sicher sein wie das Amen im Gebet. Ja, Andromeda war ein Rückschlag, aber wenn ein mittelmäßiger bis schlechter Ableger das Ende einer Reihe bedeuten würde, so würde es viele Spielemarken nicht mehr geben. Und siehe da: Ein Resident Evil 7 brachte die Reihe nach dem äußerst schwachen Resident Evil 6 fulminant zurück, ein Assassin's Creed erfand sich mit Origins neu, nachdem die Serie davor eine Weile eher herumgedümpelt war. Manchmal braucht es diesen Schockmoment, um gestärkt aus einer (selbstverschuldeten) Krise hervorzugehen.
Why not both?
Im Endeffekt läuft all das wohl darauf hinaus, dass sich das Studio breiter aufstellen will. Im Laufe der Jahre hat Bioware bewiesen, dass sie eben nicht nur klassische Rollenspiele entwickeln können und wollen, sondern Lust auf ein breiteres Portfolio haben. Und wenn der eine Teil der Studio-Identität nicht unter dem anderen leidet, sondern überall mit derselben Mühe vorgegangen wird, ist daran ja nichts auszusetzen. Ein Anthem wird ein Mass Effect niemals ersetzen, will das aber auch nicht. Es ist ein völlig anderes Biest.
Eines ist jedoch auch völlig klar. Von den Studiowurzeln hat sich Bioware verabschiedet und ein durch und durch traditionelles Rollenspiel darf man sich nicht mehr erwarten. Das darf nicht verwundern. Wie vorhin aufgeschlüsselt, ist die Zielgruppe, die an einem Mass Effect, einem Dragon Age, oder eben einem Anthem interessiert ist, deutlich größer als jene, die sich isometrisch durch Dungeons und Menüs kämpfen will. Dafür mag man nun ganz alleine EA den Schwarzen Peter zuschieben - "Die lassen Bioware nicht das machen, was wir uns wünschen!" -, aber ich denke, dahinter steckt auch ein natürlicher Entwicklungsprozess. Bei Bioware sind zum Großteil völlig andere Leute an Bord als vor 20 Jahren, die auch Lust auf andere Entwicklungen haben; die vielleicht lieber actionreiche, toll präsentierte Gefechte und wunderschöne Welten gestalten als das nächste Baldur's Gate.
Gut mag trotzdem sein, dass ein Anthem als Games-as-a-Service-Modell vor allem dazu dient, Geld in die Taschen zu spülen und dass hier nicht Biowares Herz liegt. Aber im Jahr 2019 sind Spieleentwicklungen nun einmal so teuer wie niemals zuvor und gerade EA ist ja bekannt dafür, auch weit fortgeschrittene Projekte einzustampfen, wenn nicht der Fortschritt erzielt wird, den man sich vorstellt. Eine potenzielle Cashcow wie Anthem ist aber doch nicht das Schlimmste, was passieren kann - vor allem, wenn sie so vielversprechend wirkt -, wenn dafür die Finanzierung des Studios gesichert ist und Projekte wie Dragon Age 4 entstehen können, deren Erlöskraft abseits von DLCs eher bescheiden ist. Wer Bioware Mitte der 2000er-Jahre kennen und lieben gelernt hat, hat aber meiner Meinung nach jedenfalls nichts zu befürchten.
Wo sich sowohl EA als auch Bioware bei der Nase nehmen müssen, ist jedoch die Kommunikation. Denn Anthem wird beworben wie das nächste Biowarespiel für die etablierte Zielgruppe. Um den guten Namen des Studios zu nutzen, wird das Spiel als etwas angepriesen, was es schlicht und ergreifend nicht ist; auch, wenn man mir im Interview versicherte, dass man die Unterschiede des Spiels zu etwa Mass Effect jederzeit klar und deutlich an die Zielgruppe kommuniziert hätte. Das mag für Spieler gelten, die sich jeden Tag intensiv mit Videospielen beschäftigen, aber sich nicht für den Durchschnittsspieler, der alle paar Tage die Überschriften auf Gaming-Homepages überfliegt.
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3 Das Schicksal von Anthem, welches bis heute einen der größeren Flops von EA darstellt, war anscheinend bereits vor dem Release abzusehen.Dieses gefloppte Blockbuster-Game von EA bekommt ihr jetzt fast kostenlos!
12 Was kann schon schiefgehen, wenn der Entwickler von Mass Effect, Dragon Age und Star Wars: KOTR einen Loot-Shooter veröffentlicht? Alles!Korrekte Kommunikation mit den Spielern ist vielleicht der nächste Lernprozess, den Publisher und Studio in Angriff nehmen sollten. Dann klappt's auch mit der Kundenzufriedenheit.
Sonst könnten ja auch PS4 Spiele auf dem PC laufen. Ist aber so nicht gewollt.
Und daß sich Sony im Zweifelsfall auch gegen logische Argumente sträubt sieht man doch an der Crossplay-Verweigerung.
Sonst könnten ja auch PS4 Spiele auf dem PC laufen. Ist aber so nicht gewollt.
Und daß sich Sony im Zweifelsfall auch gegen logische Argumente sträubt sieht man doch an der Crossplay-Verweigerung.
Jede Plattform hat ihre Vor- und Nachteile. Grund für mich die Konsole zu nutzen sind Exklusivtitel und Spiele die sich mit Gamepad besser steuern lassen als mit Maus+Tastatur (gibt es genauso wie umgekehrt). Aber generell finde ich sind Shooter am PC viel besser handlebar als auf Konsole. Und bei Rennspielen kommt es darauf an. Denn Lenkräder gibt es sowohl für PS wie für PC.
Aber Sony wird das nicht Riskieren, in Zeiten wo sich PC und Konsolen immer ähnlicher werden und der Hauptgrund Streaming vor der Tür steht.
Ich sehe sogar eine Vereinfachte Lizenz für Spiele man hat eine und darf eine auch auf verschiedene Systemen nutzen ( Es bleibt ja immer noch bei nur einer :-) Warum sollte man denn auch die Disk im Laufwerk haben müssen wobei man doch sowieso bei MS oder Sony angemeldet sprich Registriert ist !?
EA rennt ja schon jetzt mit dem Feuerlöscher ganz aktuell rum was den kommenden BR Modus bei Battlefield V angeht.. er "würde sich genug von Apex unterscheiden". Nun denn.
Du bist doch hier Dauergast, so ganz kann ich also nicht glauben, dass du nicht mehr PC spielst.
Doch leider ist das so.. benutze wirklich nur noch ein Asus Notbook mit GF extra Grafik Chip. Deshalb kann ich ja auch noch Crysis drauf zocken :-)
Ansonsten klingt dein Beitrag wie der übliche verbitterte Mist voller Vorurteile, die insbesondere was Win 10 und alte Spiele angeht, nicht stimmen.
Wie kommt deine Arrogante Weisheit das dies nicht stimmen soll? Ich habe nicht oder hatte nicht nur ein paar Spiele, sondern ein paar hunderte und ich spiel auch alte Spiele immer mal wieder ( hatte ich beim meinem Laptop zumindestens versucht.. Und ja auch Win10 taugt nicht bei allen Spielen.. Ein gutes Spiel das ich mal wieder Spielen wollte war Max Pain2 .. und da haben mir nicht mal Tipps von Google und Co geholfen. Auch ist Win10 das schlechteste Betriebssystem wenn auch weiter dran gefrickelt wird ( vielleicht wird es ja mal gut..) Aber für Spiele wird und ist es nie entwickelt worden ( Auch wenn Leute wie du das gerne so sehen ..)
Ich kriege komischerweise alle meine alten Retailspiele, wenn ich sie tatsächlich noch mal ausgrabe zum Laufen. Und notfalls helfe ich ein wenig nach ... (viele kommen auch mit den Auflösungen modernen Systeme nicht klar, da muss man eh manuell viel rumkonfigurieren). Klar das man da so des eine oder andere mal nachhelfen muss, aber oft geht es dann trotzdem nicht! Sei froh das es bei deinem System klappt .. Aber egal Spiel kommen bei mir zu 99 % nur noch auf die Konsole :-) Freue mich auf ne PS5
Und da ich eh einen PC brauche rechne ich als Unkosten nur den "Gaming"-Aufpreis, also GPU, etwas bessere CPU, da komme ich in etwa auf die gleichen Kosten wie eine Konsole, vielleicht minimal mehr, dafür allerdings merklich leistungsstärker und die Spiele sind günstiger. Ich als ein Crysis Fan, finde aber das ein Horizon Ziro Down nicht hinten ansteht Und mit ner PS5 hat sich das dann doch erledigt ;-)
Und was ist das überhaupt für ein Spruch, einerseits schreibst du, die Spiele reizen moderne PCs gar nicht mehr aus, andererseits willst du unbedingt auf Konsole zocken wo die Grafik noch merklich schlechter ist? Ich gehe mal davon aus das du schon ein paar Zeilen Programmiert hast, und du wissen solltest das man jedes System zum schwitzen bringen kann, gerade wenn man eben nicht so gut Optimieren kann ;-) Aber auch das Wirtschaftliche Interesse auch ne "kleine" Rolle Spielen.
Hatte das gerade Weihnachten im Vergleich bei Witcher 3, insbesondere mit Mods liegen bei der PC Fassung Welten zur PS4 Grafik. PS4 sieht okay aus aber PC ledert die Konsole bei dem Spiel sowas von ab. Und das gilt letztlich für praktisch alle Multiplattformtitel.
Ach auch sind inzwischen Lizenzpolitische Code Schwierigkeiten in Abhängigkeit zur Entwicklungszeit und Kosten warum vielleicht das eine so und nicht anders gemacht wird.